Iron Curtain Trail
Geschichten fischen an der March
zwischen Záhorská Ves und Angern an der March
Anlässlich 100 Jahre Niederösterreich werden künstlerische Interventionen und Infrastrukturelemente entlang des Iron Curtain Trails, zwischen Hohenau an der March und Marchegg, realisiert.
Das Kurator*innenteam Alexandra Berlinger, Ursula Maria Probst und Martin Wagner reagierte mit ihrem Konzept auf die Natur sowie die Geschichte dieses besonderen Landschaftsraums. Zusammen mit Künstler*innen, Designer*innen und Initiativen aus der Region sollten sowohl für Fahrradtourist*innen – zwischen Hohenau an der March und Marchegg erstreckt sich der Eurovelo 13 Radweg – Attraktionen geboten, als auch Angebote für die Bevölkerung vor Ort geschaffen werden.
Zum Projekt:
Für die Vermittlung des Kunstprojekts SUPER NATUR, das den Grenzraum entlang des ehemaligen Eisernen Vorhanges erkundete, konzipierten die beiden Stadtforscher*innen Carina Sacher und Lukas Vejnik einen Spaziergang mit Gesprächsteilnehmer*innen aus dem Ort Angern an der March, der Regionalentwicklung, aus Kunst und Tourismus. Die beiden Dörfer Angern und Záhorská Ves am Mäander der March sind keine 2 km voneinander entfernt und heute nur durch eine Fähre miteinander verbunden. Kulturell und historisch waren die beiden Orte aber einmal eng miteinander im Austausch. Vor 100 Jahren, als noch eine Brücke existierte, verkehrte darauf die erste Straßenbahn Österreichs, um die Zuckerrüben der Bauern aus Österreich zur Zuckerfabrik auf der slowakischen Seite zu bringen. Es gibt gemeinsame Erzählungen, persönliche Erlebnisse, politische Ereignisse, die die Region prägten und formten. Dieser Geschichte und den damit verbundenen Geschichten widmete sich die INVENTOUR in Wort und Bild mit einem moderierten Spaziergang an den beiden Uferseiten der March und einer anschließenden Diashow unter der ehemaligen Zollstation.
Das Konzept für SUPER NATUR besteht aus zwei Teilen, wovon der erste mit drei künstlersichen Arbeiten von Ilona Németh, Barbara Kapusta und Christina Gruber im September 2022 eröffnet wurde, der zweite Teil mit permanenten Arbeiten wird 2023 umgesetzt.
Der langjährige Regionalplaner im Weinviertel Hermann Hansy erzählte im Gespräch mit Carina Sacher und Lukas Vejnik von zahlreichen aufgeheizten Situationen bei interregionalen Projekten mit Vertreter*innen aus Südmähren und der Westslowakei, wo bei Abstimmungen gegen die Wiedererrichtung von Brücken über den Grenzfluss March gestimmt wurde.
Zuletzt wurde endlich die Errichtung der Fuß- und Radbrücke zwischen Marchegg und Vysoká pri Mojave durchgesetzt, was für die Entwicklung der Region in Zusammenhang mit der touristischen Erschließung ein sehr wichtiger Schritt war.
Gerhard Nowak aus Angern, Historiker und Autor eines zweibändigen Werks über den Ort, erzählte von der abwechslungsreichen Geschichte der beiden Nachbar-Ortschaften, ihren Verflechtungen durch die intensive industrielle Erzeugung von Zucker am Anfang des 20. Jahrhunderts und der stetigen Verbindung und dem Wohlstand, der dadurch existierte.
Er teilte auch seine persönlichen Erinnerungen und die seiner Frau, die als Kindergärtnerin jahrelang aktiv die Freundschaft und den Austausch mit einem Kindergarten auf der slowakischen Seite gepflegt hat.
Der moderierte Spaziergang, bei dem als Gesprächsteilnehmer*innen auch die Kuratorin Ursula Maria Probst, die Leiterin von KOERNOE, Katrina Petter, sowie Christoph Vielhaber von der Niederösterreich Werbung teilnahmen, führte auch mit der Fähre über die March auf die slowakische Uferseite. Die Überfahrt interpretierte der Cellist Manuel Schager musikalisch. Auf der Seite von Záhorská Ves leitete die Künstlerin und Biologin Christina Gruber (Projekt Shapeshifters – Flüsse und Steine) zu einer gemeinsamen Hörübung an, bei der sich alle Sinne der Flusslandschaft öffneten. Abschließend erzählte der Architekt Johannes Bieber von der Errichtung der Zollstation und davon, dass diese nach dem Fall des Eisernen Vorhanges erfreulicherweise nicht abgerissen, sondern zu einem Lokal transformiert wurde.
Als Ausklang wurden die zuvor von Bewohner*innen der Gemeinde gesammelte fotografischen Fundstücke in einer Diaprojektion gezeigt, musikalisch begleitet von dem Cellisten Manuel Schager. Die Bilder zeigten vor allem die Veränderungen der Natur und derLandwirtschaft, die ehemalige Zuckerfabrik in Záhorská Ves, die Brücke, die zwischenden beiden Orten existierte, die Grenzöffnung 1990, einige Szenen der FreiwilligenFeuerwehr, bis hin zum Bau der Zollstation.
Grenzen physisch und symbolisch in Form von Allegorien mit Hind Hafuda und Lisa Wöll
Workshop mit der NMS Hohenau an der March
Wir nahmen das Thema der Grenze und vor allem den Eisernen Vorhang als Ausgangspunkt, um uns mit Allegorien in der Kunst zu beschäftigen. Welche eigenen Erfahrungen haben die Kinder und Jugendlichen der Mittelschule Hohenau an der March mit der Grenze? Gibt es Kinder, die auf beiden Seiten der Grenze aufgewachsen sind? Gibt es Kinder, die die Grenze öfters überqueren (müssen)? Welche Erlebnisse gibt es? Das fragten wir am Beginn des Workshops. Welche Grenzen gibt es auf einer abstrakteren Ebene? Was bedeutet ausgegrenzt sein, was bedeutet es, nicht frei wählen zu können, wie man leben oder wohin man gehen möchte? Mit diesen Gedanken und Fragestellungen erarbeiteten die Jugendlichen ein Konzept in Form einer Skizze, die sie anschließend auf schwarz preparierte Papierbögen übertrugen. Erstaunliche Ritzzeichnungen artikulierten ihre Gedanken in Form von Allegorien.
(Hind Hafuda und Lisa Wöll, AgidS Akademie der bildenden Künste Wien)
Hind Hafuda hat an der KunstModeDesign-Herbststrasse im Zweig Produkt-Design-Objekt maturiert und studiert derzeit Kunst und Bildung sowie Gestaltung im Kontext an der Akademie der bildenden Künste Wien.
Lisa Wöll studiert Kunst und Bildung an der Akademie der bildenden Künste, Wien und Geschichte, Sozialkunde und politische Bildung an der Universität Wien.