Franz Kapfer
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Zur Errettung des Christentums / in Deliverance of Christianity
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Information
Der Titel zur Errettung des Christentums / in Deliverance of Christianity bildet als bewusst gewählte Irritation die Klammer einer bereits mehrere Jahre dauernden intensiven künstlerischen Recherche von Franz Kapfer zur langen Tradition und immer noch gegenwärtigen Präsenz der stereotypen Darstellung des Türkenfeindbildes im kulturellen Gedächtnis Österreichs.
Das 500-jährige Jubiläum von Niklas Graf Salm, Oberbefehlshaber Wiens bei der ersten Türkenbelagerung 1529 und Hausherr von Schloss Orth, dem in der Sonderausstellung des museumORTH nachgegangen wird, gibt die Möglichkeit, über die Epoche der Türkenkriege, ihre historischen Darstellungen und deren Rezeption über die Jahrhunderte hinweg bis in die Gegenwart zu reflektieren.
In Franz Kapfers künstlerischer Praxis geht es immer um eine Analyse politischer Kultur. Ausgehend von kleinen und sehr konkreten Strukturen rollt er herrschende Verhältnisse auf und überprüft deren Abbildbarkeit hinsichtlich großer Themen wie Autorität und Unterdrückung in politischen und religiösen Systemen. Im Raum der Kunst trägt er die einzelnen Requisiten in großen Installationen zusammen und verweist damit auf Bühne und Inszenierung, jene Begriffe, die Kapfer in seiner Analyse als konstituierende Elemente begreift. Absolute Lächerlichkeit und bitterer Ernst können an keinem besseren Ort als auf der Bühne aufeinandertreffen.
Historische Bilder, Skulpturen, Reliefs sind wichtige Informationsquellen über vergangene Epochen. Sie erzählen viel über Geschehnisse aus dem jeweils gegenwärtigen Blick und entsprechend auch über das Selbstbild der Erzählenden. Sie verankern sich aber auch bewusst oder beiläufig – über Generationen hinweg – in der Gesellschaft und können schließlich Teil einer kollektiven Identität werden, wobei das Bewusstsein über die Ursprünge meist über den Zeitverlauf verblasst.
Für das museumORTH hat Franz Kapfer aus Propagandaschriften der Zeit der ersten Wiener Türkenbelagerung den Holzschnitt eines Baumes extrahiert und ihn im Ausstellungsraum als Symbol der Bedrohung inszeniert. Als Blätter hängen Kopien der originalen Flugschriften von den Ästen, dazwischen sind Zeitungsausschnitte aus Kapfers Archiv eingestreut, wodurch Ursprünge und Auswüchse jahrhundertealter Vorurteile bis in die politische Gegenwart sichtbar werden. Die langen Schatten der Vergangenheit werden in Kapfers Inszenierung durch einen Bewegungsmelder immer wieder aufs Neue ausgelöst und in den Raum geworfen.
Der Schriftzug Kruzitürken, der einen zusätzlichen Bereich des Museums raumgreifend durchzieht, macht plakativ wie beispielhaft klar, wie stark sich historisch bedingte Redewendungen in unserer Umgangssprache festgesetzt haben und noch immer unüberlegt eingesetzt werden.
„Wir“ und „die Anderen“ – dass Sprache und Bilder sowohl Gemeinschaft und Respekt als auch Voreingenommenheit und Überheblichkeit erzeugen können, stellt der Künstler unübersehbar in den Raum und verdeutlicht, dass Geschichte nie aufhört, sondern immer als Teil unserer Gegenwart mitgetragen wird und verhandelt werden muss.
Mitwirkende
- Kuration