… Was Haben Wir Dann Heute?
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Information
Damals war Zukunft“ in der Die 70er-Jahre waren ein Jahrzehnt des Umbruchs. Die aktuelle Ausstellung "Die 70er. Damals war Zukunft" in der Schallaburg widmet sich dieser bewegten Zeit und ihrer Aktualität. "... was haben wir dann heute?“ schließt als Beitrag zur Ausstellung in sehr direkter Weise an den Titel an. Wenn damals Zukunft war, mit welchen Zeitvektoren ist dann die Gegenwart ausgestattet? Die vier Künstler_innen Danica Dakić, Petja Dimitrova, Oliver Ressler und Anna Witt erkunden, wo und mit welcher visuellen Sprache ausgestattet Utopien noch Platz in der öffentlichen Meinung finden" - in einer Zeit, die nicht selten als eine der permanenten Krisen beschrieben wird. Aus vier verschiedenen Regionen Europas kommend, hat sich für die Künstler_innen die Zukunft der 1970er-Jahre in jeweils anderen politischen wie gesellschaftlichen Versprechungen fest- und fortgeschrieben. Wie äußert sich heute die (damalige) Zukunft, für wen und welche Größenordnungen wird sie gemacht? Die Beiträge, die rund um die Schallaburg auftauchen oder platziert sind, erzählen von Normal- und Ausnahmezuständen, Geschichte(n) und (Unter-)Repräsentation.
(Maren Richter)
Mitwirkende
- Kuration
Beiträge
Anna Witt
"Landschaft des Eigensinns"
Die deutsche Künstlerin Anna Witt verfolgt eine künstlerische Praxis, in der sie unterschiedliche Methoden des gemeinsamen Handelns zur Disposition stellt. Ihre aktionistischen, interventionistischen Versuchsanordnungen dienen oft dazu, den eingeladenen Protagonistinnen Raum zu geben, sich zu artikulieren. Ausgehend von einer Art lokalem Brauch in der Region, nämlich Jubilaren mit Spruchbändern und inszenierten Schaufensterpuppen vor deren Häusern öffentlich wirksam zu gratulieren, setzt Witt dessen kreatives Potenzial ein, um über einen Zeitraum von fünf Monaten mit den Bewohnerinnen zu überprüfen, ob etwa der Politslogan der 70er „Das Private ist politisch“ heute noch gesellschaftliche Relevanz hat. Im Sommer 2016 tauchen somit immer wieder sozialpolitische Forderungen entlang der Zufahrt zur Schallaburg auf.
Oliver Ressler
"The Economy is wounded – I hope it dies!"
Der Österreicher Oliver Ressler analysiert politische Verhältnisse und Organisationsformen der Gegenwart mit Blick auf die Geschichte an unterschiedlichsten Orten. In ihnen sucht er nach Alternativen des Lebens und der Politik, die in Filmen und Fotoarbeiten so eingesetzt werden, dass sie als eine Art Handlungsoption verstanden werden. Betitelt mit einem Zitat von Guy Debords von 1968 nimmt Ressler Bezug auf den Güterverkehr im Donauraum unweit der Schallaburg, der seit den 70er-Jahren mit der Liberalisierung des Freihandels in Europa eklatant zunahm und etwa mit dem TTIP-Abkommen nicht nur neue ökonomische, sondern auch neue ökologische Dimensionen erfahren würde. Laut Statistik Austria wurden auf der Donau in den letzten Jahren ca. 10 Millionen Tonnen Güter jährlich in und durch Österreich transportiert. Wenngleich also die Donau als einer der ältesten Handelswege bis heute nichts von ihrer Bedeutung verloren hat, bleibt zu fragen, wie viele zusätzliche Frachtschiffe und welche Mengen an Treibstoff durch einen noch grenzenloseren globalen Güterverkehr haltbar sind.
Petja Dimitrova
"kommen bleiben zusammen"
Die in Wien lebende bulgarische Künstlerin Petja Dimitrova arbeitet zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen unter Verwendung unterschiedlicher Medien wie Video, Zeichnung oder Print. Daraus entstehen zahlreiche Kooperationen mit NGOs und Gruppen wie etwa der Refugee-Protest-Bewegung der letzten Jahre. Als Beitrag für die Schallaburg entwickelte sie – basierend auf den Ereignissen der letzten Monate rund um die Willkommenskultur für Flüchtlinge und auf Gesprächen mit Menschen aus der Region – ein Comic, in dem vier Superheld_innen ihre migrantischen Superkräfte einsetzen, um herauszufinden, wo Ängste und Hoffnungen einen Anspruch auf „Zukunft“ (re)formulieren. Als Zeitung gestaltet wird die Bildgeschichte an die Haushalte in der Region verschickt, gefolgt von einer Veranstaltung im Herbst 2016 in Kooperation mit verschiedenen regionalen Initiativen.
Danica Dakić
"Ferleza"
Die bosnische Künstlerin Danica Dakić, die in Weimar eine Professur für "Kunst im öffentlichen Raum und neue Strategien" innehat, untersucht in ihrer Arbeit Rollenbilder verschiedener Gruppen. Zentral ist die Suche nach Raum für selbst gestaltete Identität. "Ferleza" (dt. "Vorleser") basiert auf einer Recherche in Brezo, einer Kohlemine nahe Sarajewo: Einerseits stellt Dakić dort einen Bezug zu einem Film aus den 70er-Jahren über das brüchig werdende Arbeiterheldentum in Jugoslawien her. Andererseits verbindet sich darin die Gegenwart mit der damaligen Zukunft. Die Mine, die während der K. K. Monarchie erbaut wurde, ist veraltet, die Technologien sind überholt. Bosnien muss sich am globalen Wettbewerb messen. Das Heldenhafte der Arbeiterschaft liegt vorwiegend darin, dass sie täglich unter diesen Bedingungen arbeitet. Gemeinsam mit den Arbeitern inszenierte Dakić ein vermeintlich rückwärts gewandtes fotografisches Monument der Arbeiterschaft der Gegenwart. Der Titel bezieht sich auf das tägliche Ritual des Vorlesens der Sicherheitsbestimmungen vor Schichtbeginn im Ferleza-Raum.