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Großer Sommer an der Thaya

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Beendet
Drosendorf, Mai 2003 – Okt 2003

Information

Eine Initiative um die Stadtmauer von Drosendorf gab den Anstoß, diese in ihrer städtebaulichen Bedeutung als Ausgangspunkt für ein Kunstprojekt im öffentlichen Raum zu befragen. Dabei spielte ein ursprünglicher Wunsch nach einer Vernetzung mit anderen Stadtmauernstädten Niederösterreichs ebenso eine Rolle wie aktuelle Fragen zu Touristik, Freizeitgestaltung bzw. entsprechende Vermarktungsstrategien, die viele Städte in Niederösterreich heutzutage abwägen müssen. Eine hauptsächlich wirtschaftlich orientierte Positionierung wird dabei oft von kulturellem Engagement begleitet, das ebenso eine Eventkultur schaffen kann wie es diese konterkariert. Auch in Drosendorf blieb die Frage nach einem touristischen Mehrwert nicht ausgespart und lieferte den vier KünstlerInnenprojekten Ansatzpunkte, die einen multiperspektivischen Umgang mit historischer Architektur in aktuelle, spartenübergreifende Bezüge eingehen ließ. Alle Arbeiten wurden eigens für Drosendorf entwickelt und bedienten sich ortsorientierter Praktiken, die sowohl Drosendorfs Umgang mit historischer Substanz als auch eine aktuelle Bezugsetzung reflektierten.

Mitwirkende

Kuration

Beiträge

Andreas Fogarasi

„Planning Library“

In seiner Arbeit „Planning Library“ erforschte Andreas Fogarasi die Stadt, die von Eventkultur und Urban Design bestimmt wird und selbst den Status eines Unternehmens angenommen hat, das im Sinne von Tourismus und Profitsteigerung agiert. Eines seiner Plakate hieß CULTURE PARK, dem formale Analysen gesellschaftlicher Probleme zugrunde liegen. In einer kontrollierten Erlebniswelt geht es um eben diese Wahrnehmung politisch kultureller Phänomene, die Fogarasi in Installationen oft modellhaft diskutiert und einsetzt. In Drosendorf ließ er sich auf die Situation ein, den bereits mit Marco Lulic’s Schrift MUSEUM bezeichneten, innen aber leeren Pavillon mit neuen Inhalten zu füllen. Der Pavillon stammt aus den neunziger Jahren und diente ursprünglich einer Autoschau. Auf Wunsch der Gemeinde sollte er eine andere Funktion erhalten, zu der die Planning Library ein erster Schritt war. Der kleine Rundbau wurde mit Boden, Licht und jenen minimalistischen Einbauten versehen, die auch sonst für Fogarasi typisch sind. Sein Thema war hier neuerlich das der Stadt bzw. das von Stadt/Land, das er allerdings nicht der üblichen klischeehaften Betrachtungsweise unterzog, sondern mittels einer Bibliothek zum Thema einer Diskussion öffnete. 

Werner Kaligofsky

"Drosendorf"

Bei seiner Recherche über Drosendorf, das Waldviertel und Südmähren ist Werner Kaligofsky auf eine Sage gestoßen, welche von der tschechischen Bevölkerung nach dem Fall des Eisernen Vorhangs an die österreichische überliefert wurde. In dieser Sage wird berichtet, dass die beiden Städte Drozdovice-Drosendorf und Jemnice-Jamnitz wie ihre beiden Gründerinnen, die Königstöchter Drozda, die "Drossel", und Jemna, die "Zarte", sich in ihrer Schönheit sehr ähnlich waren und dass die BürgerInnen der beiden Städte auch nach dem Tod der Stifterinnen wie "Geschwister" in Eintracht miteinander lebten". Diese Erzählung aufgreifend hat Werner Kaligofsky Drosendorf-Jemnice und das dazwischen liegende tschechisch-österreichische Grenzgebiet durchstreift, um Ähnlichkeiten und Differenzen in den verschiedensprachigen Stadt- und Staatsgebieten aufzuspüren. Die dabei entstandenen Fotografien verbindet er in Plakatarbeiten mit in die Bilder eingeblendeten, ebenfalls gefundenen Textfragmenten. Die Plakate waren in Drosendorf, Jemnice und im Grenzgebiet einzeln bzw. in Gruppen auf Holzständern affichiert.

Marco Lulić

"Museum.Disco.24/7 Shop."

Das Museum ist ein exemplarischer Ort des 20. Jahrhunderts, der sich seit der Jahrhundertwende immer neuen Aufgaben und Fragestellungen stellen muss. Schließlich waren es in den sechziger Jahren die Künstler selbst, die das Museum zu überwinden glaubten und andere Ausstellungsorte erfanden. Die Disko wiederum ist jener stark frequentierte Ort, der die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart in Atem hält. Von Stadt wie Land ist er gleichermaßen vereinnahmt und zieht in Niederösterreichs Landen in der Nacht oft mit Laserstrahlen die Aufmerksamkeit auf sich. In dieser Gruppe ist das 24-Stunden-Shop ein Neuling, der sich in Österreich noch nicht durchgesetzt hat, aber innerhalb einer kapitalistischen Profitmaximierung im Anrollen begriffen ist. Die Orte, die Marco Lulic hier in farbigen Leuchtschriften auf Stadtmauer, Burgfried bzw. Pavillon setzte, sind städtische Orte, die Drosendorf bezeichneten und zugleich nahe wie ferne Bilder in Gang setzten. Diese Orte waren zwar nicht real vorhanden, aber durch Fernsehen und andere Medien präsentiert, und so wurde ebenso eine Ortlosigkeit von Orten angesprochen wie es das Repräsentative und Tonangebende dieser Orte benannte, die die letzten hundert Jahre in drei Zeilen Text fassten.

Mahony

"Drei Minuten Happy End in Drosendorf"

Die HappyEndmaschine der Künstlergruppe Mahony funktionierte mittels eines Kettenantriebs, den die filmende Person antrieb. Der Hauptplatz von Drosendorf war als großes Setting inszeniert und durch den vorgegebenen Rahmen der Maschine das Cinemascope-Format großer Hollywoodfilme imitiert. Präsentiert wurde eine von zwei Schauspielern gespielte Liebeszene mit HappyEnd, die sich in aller Dramatik und begleitet von mitreißender Filmmusik im Schriftzug "The End" auflöste. Gleichzeitig konnte man den "Film" auf der anderen Seite des Platzes sehen.

Bilder (2)