Zweite Runde
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Zu einem temporären Kunstprojekt in Etsdorf-Haitzendorf wurden die KünstlerInnen Mona Hahn, Ruth Kaaserer, Richard Künz, David Moises, Werner Reiterer und Almut Rink eingeladen. Ihre Arbeiten waren den Sommer über, verstreut über das Gemeindegebiet, zu sehen. Bereits ein Jahr davor war am selben Ort ein vergleichbares Projekt realisiert worden, bei dem die Probleme und Friktionen, mit denen öffentliche Kunst gerade im ländlichen Raum – mehr als in der Stadt – sich konfrontiert sieht, deutlich zu Tage getreten waren. Dass heutige Kunst vorwiegend im urbanen Umfeld ihren Platz hat, soll nicht heißen, sie hätte auf dem Lande nichts verloren – die extensiven künstlerischen Aktivitäten, die seit etwa zehn Jahren im Land Niederösterreich gefördert werden, und dies vor allem in kleinen und kleinsten Ortschaften, beweisen das Gegenteil. Dennoch gibt es jenen Gegensatz Stadt-Land für die Kunst und die KünstlerInnen. Ein hauptsächlicher Grund dafür betrifft deren Gegenüber, das Publikum, und ist schlicht ein numerischer. Zwar ist die zeitgenössische Kunst hier wie dort ein Minderheitenprogramm, aber in absoluten Zahlen gemessen ist die Gruppe der Interessierten etwa in Wien, Linz oder Graz eben doch eine stattliche Größe im Verhältnis zum Häuflein von Kunstliebhabern, das womöglich in einer kleinen Gemeinde sesshaft ist.
In einem gemeinsamen Projekt revitalisierten Ruth Kaaserer und Almut Rink das Kino in Haitzendorf. Das Programm beinhaltete Kinderfilme, Spielfilme, ein Kurzfilmprogramm sowie einen Dokumentarfilm. Für den Kinobetrieb wurde eine Corporate Identity mit Werbeinfrastruktur entwickelt: Ein Leuchtkasten an der Außenwand des Kinos markierte den Ort, Plakate kündigten das Filmprogramm in der gesamten Großgemeinde auf Infotafeln, in Geschäften und Gasthäusern an.
Mitwirkende
- Kuration
Beiträge
Ruth Kaaserer
"In Watte"
Die Cousinen Maria und Birgit sind Jugendliche, die in Etsdorf lebten. Vor und hinter der Kamera vermittelten sie Teilbereiche ihres Alltags und ihre Beziehung zu ihrem Wohnort. Beide verbrachten viel Zeit in der Stadt, wo sie zur Schule gingen und ihre Freunde trafen. In Etsdorf war vor allem ihre Familie wichtig, die ihnen Geborgenheit und Sicherheit gab. Demgegenüber stand die Ungewissheit, was die Zukunft und das Erwachsenwerden mit sich bringen werden.
Almut Rink
"Sollzeit"
Das Video zeichnete die alltäglichen Wege einer Bewohnerin des Ortes nach, bei denen die Arbeit als Näherin eine zentrale Rolle spielte. Der Blick wechselte zwischen nüchterner chronologischer Aufzeichnung eines Tages und subjektivem Blick, der einzelne Arbeitsschritte fokussierte. Tägliche Routine und besondere Anlässe, wie Betriebsausflüge und Jubiläen, wurden geschildert, der Alltag im Beruf zwischen Soll und Ist.
Mona Hahn
"Ring der Kosmonauten"
Der Systemwechsel in den ehemals kommunistischen bzw. sozialistischen Ländern fand in ländlichen Gebieten durch westliche "Baumarktfertigteile" schnell seine Sprache im Außenraum. Die Plakate zeigten ein Einfamilienhaus in der ehemaligen "Teichsiedlung" (die für die Dauer des Projekts in "Ring der Kosmonauten" umbenannt wurde), bei dem einzelne Bauelemente durch typische DDR-Gestaltungselemente aus Halle-Neustadt ersetzt wurden. "Überholen ohne Einzuholen", zwei Großplakate (ein Sujet), Standorte: Teichsiedlung Sittendorf und beim Sportplatz Etsdorf.
Richard Künz
"Kunstgarten"
Ein Ensemble von gekauften Kunst/Kitsch-Figuren aus Kunststoff, wie sie in den diversen Baumärkten als Gartendekor erhältlich sind, reflektierte die Haltungen, Einstellungen, Attitüden, kurz den Habitus, der mit dem Erwerb und der häuslichen Platzierung derartiger Objekte verknüpft ist.
Kunstgarten - ein Garten für Kunst oder Kunst für den Garten? Mit welchem Anspruch - als das Eigentliche, als Wesentliches, als Behübschung, als Zier? Kunstgarten - als Ausdruck des eigenen Kunstverstandes, als Ausdruck eines Kulturbewußtseins, einer noblen Lebensart, als Verzweiflungstat oder purer Missgriff? Kunstgarten - ein Prototyp, ein Denkanstoß, eine Erörterung.
David Moises
"Hollywoodhäuschen"
Ein schaukelndes Gartenhaus, ein Gartenhaus der Schaukel. Die Handlung ist von Low-Budget-Luxus beseelt, von Dauercamper-Esprit. Der Plot ist die Ferien-Liaison der Hollywood-Schaukel mit dem Gartenhaus: Soft-Erdbebensimulator mit Weekend-Flair. Nein, hier sollte niemand verschaukelt werden. Regionalradio in Dolby-Surround: getunte Gemütlichkeit in der mobilen Immobilie - eine populäre Mechanik mit Do-it-Yourself-Touch. Die Vorahnung des Schnapskastls. Spezialeffekt: der knieweiche doppelte Boden und andere sinnliche Widersprüche.
Werner Reiterer
"Singendes Vogelhaus"
Der Gesang eines Vogels wurde auf einem Sprachchip gespeichert. Dieser Chip wurde durch Solarzellen, die sich auf dem Dach des Vogelhauses befanden, gespeist. Begann die Sonne zu scheinen, stimmte das Vogelhaus einen Gesang an, welcher mit Einbruch der Dunkelheit wieder verstummte. Die Lautstärke des Gesanges orientierte sich an der des natürlichen Vogelgezwitschers. Ungefähr alle 20 Sekunden begann die Wiedergabe von Neuem. Die akkustische wie zeitliche Markierung eines kommunikativen Ortes wie den einer Grünanlage durch das Verdichten eines Klangkörpers, wie es der Vogelgesang ist, suggeriert eine vitale und angenehme Atmosphäre. Zudem wird aufgezeigt, daß Kommunikation auch immer aufgrund von Missverständnissen weitergetrieben wird. Vögel, die dem vermeintlichen Gesang von Artgenossen antworten, sitzen diesem Irrtum genauso auf, wie Menschen, die das "Vogelgezwitscher" als tatsächlich authentisch rezipieren.