Julia Gaisbacher
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Weikendorf
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Information
Die Ausstellung im Kunstraum ist rund um die Uhr von außen einsehbar und jeden ersten Sonntag im Monat von 15.00 bis 16.00 Uhr von innen zu besichtigen!
Julia Gaisbachers Fotografien sind ein besonderer Blick auf den Ort Weikendorf. Die Künstlerin, die in ihren Arbeiten einen Schwerpunkt auf architekturbezogene Themen setzt, beginnt ihre Projekte häufig mit umfangreichen Recherchen. In Weikendorf hat sie sich mit dem Wandel des Ortskerns in den vergangenen Jahrzehnten auseinandergesetzt. Historisches Bildmaterial aus dem Weikendorfer Archiv, umfangreiche Gespräche und ausgiebige Spazier-gänge durch die Gemeinde bilden den Ausgangspunkt für die Frage, wie die zahlreichen und unterschiedlichen Veränderungen in Form von Momentaufnahmen festgehalten werden können.
In Weikendorf, wie in den meisten ruralen Regionen, haben sich Landwirtschaft, Handwerk, Einzelhandel, kurz, sämtliche Strukturen des täglichen Lebens und Lebensbedarfs seit den 70er Jahren grundlegend verändert – mit sichtbaren Auswirkungen auf das Ortsbild. Höfe und Ladenlokale verschwanden oder wurden zu Wohnräumen oder Garagen umgebaut. Das Leben in den Gemeinden teilte sich immer mehr zwischen der Arbeit anderswo und den eigenen vier Wänden auf. Das Dorfleben konzentrierte sich vermehrt auf punktuelle Ereignisse, wie Kirche, Vereine, Feste und weniger auf die alltäglichen Begegnungen bei Erledigungen vor Ort.
Für das Projekt orientiert sich die Künstlerin an einer fotografischen Ästhetik, die seit dem frühen 20. Jahrhundert in den USA, aber auch später in Österreich, z. B. von Elfriede Mejchar, praktiziert wurde. Die Besonderheit dieser Bilder liegt im Ausdruck einer Unverfälschtheit, die paradoxerweise in der verwendeten Schwarzweißfotografie gründet, obwohl diese gleichzeitig eine Verfremdung des Abgebildeten darstellt. Gaisbachers Fotografien von Weikendorf zeigen Häuser, Hausfassaden mit ausgeblichenen Schriftzügen, Durchblicke, verschachtelte Dachfragmente, Zäune, Spuren baulicher Veränderungen oder Überbleibsel vergangener Verwendung. Es sind sorgfältig ausgewählte Blickwinkel auf den historischen Ortskern, auf jenen Teil Weikendorfs, an dem diese Veränderungen am direktesten über das Vorhandene sichtbar sind.
Die menschenleeren Schwarzweißfotografien erzeugen einerseits eine gewisse Unbestimmtheit hinsichtlich Ort und Zeit. Andererseits geben sie den Details im Bild, den Spuren vor Ort mehr Raum und regen den Blick dazu an, zwischen diesen räumlichen Verschachtelungen und Aneinanderreihungen zu wandern. Die Bilder für „Weikendorf“ sind eine gelungene Mischung aus dokumentarisch anmutenden Fotografien und einem sehr spezifischen künstlerischen Blick, die als gerahmte Momente viel über Zeitlichkeit und Veränderung erzählen.