Flaka Haliti
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Manufactured For the Purpose of Fainting (After Screaming)
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Information
Die Marmorskulptur von Flaka Haliti ist der neueste Zugang im ursprünglich vor 300 Jahren in der Tradition des Englischen Landschaftsgartens angelegten Schlosspark. Mit Beginn des Grafenegg Festivals und der Initiative „Kunst im Park“ (2007) wurde der historische Grünraum mit Unterstützung von Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich sukzessive zu einer Kunst- und Kulturlandschaft der Gegenwart weiterentwickelt.
Über die Jahre wurden Arbeiten von internationalen Künstler*innen wie Marc Dion, Bethan Huws und Werner Feiersinger realisiert. Gegenstand der Projekte ist eine kritische Auseinandersetzung mit Inszenierung und Repräsentation als tradierten Rollen der Kunst. An prominenter Stelle in zentraler Sichtachse zum Schloss platziert, vereint das Sitzobjekt von Flaka Haliti aus weißem Marmor subtil historische wie aktuelle Lesarten und bringt diese in einen diskursiven Austausch: „Fainting Couch“ (Ohnmachtssofa) wurde zu Beginn des letzten Jahrhunderts zu einer gängigen Bezeichnung der Chaiselongue in Anspielung auf ihre Popularität in den bürgerlichen Salons des 19. Jahrhunderts und den zeitgleich häufig auftretenden Schwächeanfällen von Frauen. Als Ursachen wurden die vielfach diagnostizierte Hysterie aber auch das Tragen eines Korsetts damit in Verbindung gebracht.
Das Sofa erhielt in diesem Kontext Symbolcharakter, da es die Anatomie eines elegant herabsinkenden Körpers beinahe klischeehaft vorwegnimmt – gleichermaßen verweist es gerade damit auf die Geschlechterstrukturen und Konventionen dieser Zeit. Dass in der Antike die Vorläufer des gleichen Möbels als Ort des Dialogs und philosophischen Diskurses galten, zeigt wie vermeintlich fixierte Zuschreibungen einem kontinuierlichen Wandel unterliegen, und damit gleichwohl produktiven Raum für Widerspruch und Verhandlung, Diskurs und Assoziation erzeugen können. Flaka Haliti verfolgt in ihrer künstlerischen Praxis Fragen von Sehnsüchten und Machtstrukturen in unterschiedlichsten Kontexten, die sie in poetische Formen mit Alltagsbezug transformiert. Die Skulptur für Grafenegg zeigt, wie sie sich Form, Geschichte und potentielle Dialektik eines Objektes aneignet und die verschiedenen Schichten wechselnder Betrachtungsweisen darin verdichtet: Die „Fainting Couch“ übersetzt sie einerseits in eine klassische Marmorskulptur und erzeugt gleichzeitig ein sehr zeitgemäßes Bild für mögliche Konsequenzen aktueller gesellschaftlicher Strukturen und darin verbreiteten Leitbildern wie der Selbstoptimierung – den Zustand der Erschöpfung. Manufactured for the purpose of fainting (after screaming) will dem historischen Objekt neues Leben einhauchen und lädt Besucher*innen des Parks ein, zum Stressabbau (nach einem lauten Schrei) auf der Skulptur niederzusinken.