Counterpoints I
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Information
Unter dem Titel "Counterpoints" wurden mehrere temporäre Installationen im Schlosspark Grafenegg realisiert. Die Künstlerinnen griffen Fragmente des Ortes, dessen Funktion oder Geschichte auf und erweiterten das historische Bezugsfeld des 300 Jahre alten englischen Gartens um globale Diskurse der Gegenwart.
Mitwirkende
- Kuration
Beiträge
Franz Kapfer
„Mein Drama findet nicht mehr statt, # akt 1–3“.
Franz Kapfer inszeniert seine Installation als ein Theaterstück in drei Akten - "ein Lustspiel" sagt er. Harmlos ist es jedoch nicht. Wie in Georg Büchners "Leonce und Lena" (1836) verknüpft Kapfer Elemente der romantischen Komödie mit jener der politischen Satire. Drei große Bildtafeln sind wie Bühnenbilder für die jeweiligen Akte im Park verteilt. Grundlagen für Kapfers Motive bilden politische Karikaturen, entstanden im 19. Jahrhundert, wie das im Stil des romantischen Historismus errichtete Schloss Grafenegg selbst. Der erste Akt ist Napoleons Verbannung 1814 nach Elba gewidmet. Napoleon sitzt rittlings auf einem Esel und schaut noch einmal in Richtung Fontainebleau, während dem Tier buchstäblich die Weisheit aus dem Hintern entfährt, dass auch die größten Erfolge im menschlichen Leben irgendwann zu einem Lufthauch werden. Die geschichtlichen Ereignisse bilden in Kapfers Arbeiten nur die Kulisse für das "menschliche Drama" an sich. Napoleons Scheitern verbindet er mit der Erkenntnis von der Banalität der eigenen Existenz und der "Farce der Wiederholung". Weiter hinten im Park steht der flüchtende österreichische Staatskanzler Metternich für ein System, das unter anderem an seiner Angst vor Veränderung zerbricht. Im dritten Akt begegnen wir wieder Napoleon, der sich als größter Kunsträuber Europas mit der Quadriga vom Berliner Brandenburger Tor auf dem Rücken davon stielt, natürlich nur um sie vom feudalen Joch zu befreien.
(Cornelia Offergeld)
Simon Faithfull
„Earth-Spin no.1: Grafenegg, 2017“
Auf dem Breitengrad von Grafenegg rotiert die Oberfläche der Erde mit einer Geschwindigkeit von 1108 Kilometer pro Stunde durch das All. Simon Faithfull hat diese Zahl berechnet und im Schlossgraben aus der Erde ausgestochen. Ein Pfeil zeigt nach Osten. Das ist die Richtung, in die sich die Erde dreht. Bei der Ruhe, die man im Park verspüren kann, ist die Geschwindigkeit der Erdrotation kaum vorstellbar. Alles scheint in der vermeintlichen Natürlichkeit des englischen Landschaftsgartens still zu stehen. In diesem Gegensatz erschließt sich die tiefere Bedeutung der Arbeit, in der die menschliche Illusion von Stabilität und Dauerhaftigkeit entlarvt wird. Simon Faithfull versteht den Planeten Erde als skulpturales Objekt, dessen Grenzen er gemeinsam mit WissenschaftlerInnen und TechnikerInnen beharrlich in unterschiedlichen Medien erforscht. Bei der Arbeit „0°00 Navigation“ ging, kletterte und schwamm er Großbritannien vom Ärmelkanal bis zur Nordsee ab, ohne vom Nullmeridian, dem Bezugspunkt für alle Längengrade, abzuweichen. Komplexe philosophische Reflexionen zu den menschlichen Selbsttäuschungen bricht Faithfull auf einfache Formen herunter. Für die temporäre Intervention "Dance-Floor" installierte er einen zu einem unhörbaren Rhythmus pulsierenden Disco-Leuchtboden in einer Fußgänger-Passage. Sobald man sich dem von unten beleuchteten Tanzboden näherte, verschwand es wie eine Luftspiegelung und die Passanten begannen, an ihrem Wahrnehmungsvermögen zu zweifeln.
(Cornelia Offergeld)
Elisabeth Penker
„Composition with one twisted tone“
Elisabeth Penker entwickelt die Skulptur "Composition With One Twisted Tone" als Kontrapunkt zum "Wolkenturm", der als Freilichtbühne wie auch als "akustische Skulptur" in den Park eingebettet ist. Gleichzeitig unternimmt sie den Versuch, aus den Analogien zwischen perspektivischem und akustischem Raum einen utopischen Raum entstehen zu lassen. Die Skulptur besteht aus einer Reihe von Holzlamellen mit zwölf Zwischenräumen. In der Reihe wird eine einzige Grundform immer wieder um 180 Grad gespiegelt. Das Prinzip erinnert an die Zwölftontechnik in der Kompositionslehre, jedoch in deren Inversion. Während in der „Schönberg-Schule“ mit zwölf ausschließlich einmal benutzten Tönen komponiert wird, kehrt die Künstlerin das Prinzip um und variiert eine einzige Grundform zwölfmal durch deren jeweilige Spiegelung zur nächsten. Die Lamellen erinnern im weitesten Sinn an Piano-Tasten, während die Schwarz-Weiß-Farbgebung bei der Skulptur umgekehrt wurde. In einigen Zwischenräumen sind Sitzflächen eingezogen. Penkers Objekte sind an den Schnittstellen zwischen Skulptur, Möbel oder Instrument gelagert. In ihren Klanginstallationen untersucht die Künstlerin mögliche Überschneidungen zwischen Sprache, Musik, seriellen Strukturen und Ordnungsprinzipien. Für die Grafenegger Arbeit hat Elisabeth Penker die Musiker Alexander und Konstantin Wladigeroff eingeladen, die Skulptur in Musik zu übersetzen und eine Partitur zu komponieren, die zur Eröffnung in der Skulptur aufgeführt wurde und während der Ausstellungszeit über einen QR-Code abgerufen werden kann.
(Cornelia Offergeld)