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Der Semmering als Bühne der Gegenwart

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Temporär
Ines Doujak, Parade, Plakat, Semmering 2023
© Doujak
Olha Horiunova, Bindung, 2023
© Horiunova
Olha Horiunova, Bindung, 2023
© Horiunova
Abdul Sharif Oluwafemi Baruwa, Its On, 2023
© Baruwa
Mark Chehodaiev, Atmen Sie tief durch, 2023
© Mark Chehodaiev
Ines Doujak, Parade (Klagenfurt), 2023
© Ines Doujak
Semmering, Land Besitz und Commons, 2021
© Joanna Pianka
Semmering, 3.6.2023 – 4.6.2023

Information

Am ersten Juniwochenende 2023 findet am Semmering unter dem Titel Café Dezentral ein umfangreiches literarisches, musikalisches wie kulinarisches Programm mit künstlerischen Beiträgen von KOERNOE statt. Bereits in den vergangenen Jahren fanden am Semmering diverse temporäre Kunst- und Kulturformate statt: 2021 realisierte KOERNOE das Kunstprojekt Land, Besitz & Commons im öffentlichen Raum, 2022 folgte, konzipiert von der Kommunikationsagentur friendship.is, mit DNA Semmering eine Erforschung der Region durch interdisziplinäre Residencies sowie verschiedene Kultur- und Eventformate. Diese beiden Initiativen werden in diesem Jahr zusammengefasst und die künstlerische Schiene, wie 2021, von Hedwig Saxenhuber kuratiert. Der Semmering als Bühne der Gegenwart reflektiert anhand von fünf künstlerischen Positionen Geschichte und Gegenwart des Ortes im Kontext sich permanent ändernder globaler Realitäten und individueller Lebenswelten.

Das gesamte Programm von 3. und 4. Juni 2023 sowie Information zu Café Dezentral, finden Sie hier.

Programmpunkte zum KOERNOE-Projekt:

Samstag, 3. Juni 2023

10.00 bis 17.00 Uhr: Ausstellung
Die Ergebnisse der Explorer:innen, die die Region zuvor auf Residencies erforscht haben, werden in dieser frei zugänglichen Ausstellung in der Villa Schönthaler präsentiert. Das Filmprogramm SOLIDARITY SCREENINGS ist dort ebenfalls ganztägig zu sehen.
Villa Schönthaler

14.00 - 15.00 Uhr: Parade
Ines Doujak, Die allerschönsten Frauen sind die Frauen der Revolution
Treffpunkt: Hotel Panhans, Hochstraße 36

15.30 bis 16.00 UhrKuratorinnenführung
Hedwig Saxenhuber führt zu den einzelnen Projekten von Der Semmering als Bühne der Gegenwart und nähert sich im Gespräch mit den Künstler*innen den Arbeiten an.
Treffpunkt: Ehemalige Tabaktrafik


Sonntag, 4. Juni 2023

10.00 bis 17.00 Uhr: Ausstellung
Die Ergebnisse der Explorer:innen, die die Region zuvor auf Residencies erforscht haben, werden in dieser frei zugänglichen Ausstellung in der Villa Schönthaler präsentiert. 
Villa Schönthaler

12.00 bis 14.00 Uhr: Gespräch und Filmvorführung
„SOLIDARITY SCREENINGS: MOVING IMAGE AND WAR IN UKRAINE“
Hedwig Saxenhuber im Gespräch mit Serge Klymko

Der Semmering als Bühne der Gegenwart

Der Semmering ist in den vergangenen Jahren wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt: Die Klimakrise verlieh der in die Jahre gekommenen Sommerfrische, für die der Semmering mehr als jeder andere Ort als Sinnbild steht, neue Anziehungskraft. Aber auch die neuen Besitzverhältnisse der historischen Hotelanlagen brachten Impulse, um das geografische wie historisch-kulturelle Potential dieser Gegend mit einer neuen Vision wieder zu aktivieren.

Durch die steten Veränderungen, die an vielen Stellen ablesbar sind, bietet der Semmering interessante Anknüpfungspunkte, um gesellschaftliche Fragestellungen, Verwerfungslinien und Krisen von globaler Bedeutung, lokal zu verhandeln. 2021 wurde mit dem KOERNOE-Projekt Land, Besitz und Commons, kuratiert von Hedwig Saxenhuber, unterstützt von der Gemeinde am Semmering, ein geografisch wie thematisch raumgreifender Ausstellungs-parcours im öffentlichen Raum realisiert, der vom Wandel der Region rund um den Semmering, über Tourismus bis zum Klimawandel wichtige Themen setzte. Im Jahr darauf startete die Kommunikationsagentur friendship.is auf Einladung der NÖ Werbung das Projekt DNA Semmering. Unter dem Titel Hotel Dezentral wurden sogenannte Explorer in Residence eingeladen, den legendären Ort interdisziplinär und mittels verschiedener Kultur- und Eventformate zu erforschen und zu bespielen.

2023 geht DNA Semmering diesmal mit Café Dezentral in die zweite Veranstaltungsrunde, zu der KOERNOE einen künstlerischen Fokus beiträgt. Hedwig Saxenhuber lud für ihr Fortsetzungsprojekt Abdul Sharif Oluwafemi Baruwa, Mark Chehodaiev, Ines Doujak, Olha Horiunova und Toni Schmale ein, sich aus der jeweiligen künstlerischen Perspektive dem Ort anzunähern. Ihre Eindrücke, ihre Weltsichten und ihre Forschungen über die gegenwärtige Situation am Semmering stehen im Zentrum von Der Semmering als Bühne der Gegenwart. Dieser Topos betont die Reflexion des Hier und Jetzt in den Arbeiten der Künstler*innen, die neben den an diesem Wochenende zahlreich stattfindenden literarischen, performativen, musikalischen und kulinarischen Kulturveranstaltungen eine zusätzliche künstlerische Perspektive bieten.

Das Projekt Der Semmering als Bühne der Gegenwart, das entlang und nahe der Hochstraße zu erkunden ist, widmet sich den mitunter verborgenen sozialen Gefügen, aber auch den vielfältigen Folgen der laufenden Veränderung unserer Lebenswelten. Gerade weil die weltpolitische Situation so komplex ist, spielen die Symptomatik und Ausformungen der ökologischen und ökonomischen Schieflagen, wie sie die Welt als Ganzes erfasst haben, auch auf der Bühne des Semmering eine Rolle.

Die Idee des allgemeinen Gutes – die Berge, Seen und Landschaften – also „etwas, das allen gehört“, wird etwa in Ines Doujaks Parade Die allerschönsten Frauen sind die Frauen der Revolution anschaulich. Entlang der Hochstraße – der Bühne des Semmering – ist sie eine Hommage an jene, die weltweit aufstehen, um das kommunale Land zu verteidigen. Abdul Sharif Oluwafemi Baruwa, der sich schon 2021 ausführlich mit der Landschaft und der lokalen Situation am Semmering vertraut gemacht hat, wird an mehreren Orten, in unterschiedlichen, formalen Ansätzen ganz persönliche Bezüge schaffen und Toni Schmales Objekte erzeugen Empowerment.

Aber auch der Ukrainekrieg hat konkrete Auswirkungen auf den Semmering: hier befindet sich eine Unterkunft für vom Krieg Geflüchtete. Mark Chehodaiev, der selbst aus der Ukraine stammt und fünf Monate vor Kriegsbeginn nach Wien kam, erkundet, wie es ist, an einem Ort, der für Erholung und Heilung steht, mit Existenzängsten und Perspektivenlosigkeit konfrontiert zu sein. Olha Horiunova, die selbst Geflüchtete ist, reagiert mit genuinen Mitteln der bildnerischen Kunst auf ihre herausfordernder Situation. Mit all dem wird der Semmering einmal mehr eine Bühne der Gegenwart.


VIDEOPROGRAMM: Solidarity Screenings: Moving Image and War in Ukraine, kuratiert von Serge Klymko.

Die Auswahl der Videos basiert auf einem Ongoing Open Call an in der Ukraine lebende Künstler*innen und wird ständig adaptiert. Bisherige Screenings fanden in Amsterdam, Malmö, Prag und Riga statt. Mit Beiträgen von: Alisa Sizykh,Daria Molokoedova, Daryna Snizhko, Marichka Lukianchuk, Vitaly Yankovy, Liera Polianskova (Künstler*innengruppe SVITER), Yarema Malashchuk und Roman Khimei, Zoya Laktionova, Maria Matiashova, Bohdan Bunchak, u.a.

Mitwirkende

Kuration

Beiträge

Abdul Sharif Baruwa

It´s on

La belle vue, Serie von fünf kleinformatige Ölbilder
Kulturmontag, Serie von acht gefalteten Stahlplatten
Schillingblick, Video

Mit seiner Installation it’s on schafft Baruwa eine lose Abfolge von Szenenbildern, verteilt über den Semmering, ein ephemeres Geflecht ortsbezogener Interventionen mit Sympathie für Wandernde und beiläufigen Erkundende. Fragmente mit spezifischem Engagement, Episoden bzw. Geschichten. 

Der Kulturmontag ist eine dieser Geschichten. Farbelemente stehen beiläufig nahe des Wanderwegs, im Wald Richtung Pinkenkogel. Abgestellt und elegant, um zu einem späteren Zeitpunkt am richtigen Ort installiert zu werden, als Farb-Resonanz-Raum, wohl komponiert, im Ensemble. 

La belle vue, eine Hommage an das Hotel Belvedere. 
Fünf kleinformatige Ölbilder in guter Erinnerung an den Aufenthalt des Künstlers im Hotel Belvedere im Jahr 2021, während der Vorbereitung der Installation En plein air für die Ausstellung Land Property and Commons.

Die Serie La belle vue ist im Hotel Belvedere von 1.Juni bis 30. Oktober 2023 zu sehen.

„Koloniales Erbe, vertrautes Fremdes, Panorama, der Zug dröhnt aus der Ferne, schöne Details am Rande.“  Der Kurzfilm Der Schillingblick ist bis in den Herbst hinein an ausgewiesenen Terminen im Kultur Pavillon-Semmering zu sehen.  

In der Vitrine des Kaufhauses Louvre hängt Die Nase, … Gogols Nase… Konspiration? Wer weiß. Zu sehen ist der Künstler, wie er sich die Nase ins Gesicht hält, groß, gelb und rot.

Mit kalkulierter Unberechenbarkeit und Eigenbrötlerei behaupten diese Momente ihre eigene Zeit. 

Mark Chehodaiev

Atmen Sie tief durch, 2023

Dreiteilige Audioinstallation (je 2-3 min), Szenographie
Raum 304, 3. Stock im Kurhotel Stühlinger, Dr. Hermann Stühlinger Straße 1

Mark Chehodaievs Recherche am Semmering fiel unmittelbar nach Ostern mit der gesamten Schließung der Gastronomie und eines nochmaligen Wintereinbruchs zusammen. Nur ein ukrainisches PKW-Kennzeichen führte ihn nach und nach auf die Spur von zwei ukrainischen Flüchtlingsheimen. Eine vorsichtige Annäherung mit einzelnen Bewohner*innen bildet die Grundlage der Zusammenarbeit mit einer Gruppe ukrainischer Menschen, die am Semmering Zuflucht gefunden haben. Aus den verschiedenen Gesprächen hat der Künstler vertrauensvolle Beziehungen aufgebaut. Chehodaiev interessiert sich für die Empfindungen der Menschen, die ihr Land wegen Lebensgefahr verlassen mussten und wie sie die entspannende und kurortähnliche Umgebung des Semmering erleben. Semmering ist für viele von ihnen zu einer Zwischenstation geworden, da eine Rückkehr in die Ukraine nach wie vor unsicher ist. Die Infrastruktur des Ortes ist jedoch in erster Linie für kurzfristige Aufenthalte und Erholungszwecke ausgelegt. Dadurch entsteht eine Diskrepanz zwischen den Bedürfnissen der ukrainischen Gemeinschaft und der auf den Urlaubsort ausgerichteten Umgebung, was es für sie schwierig macht, langfristige Perspektiven aufzubauen.

Die drei kurzen Erzählungen im Raum 304 des Kurhotels ergeben eine komplexe Situation wieder, die Ambivalenzen zwischen den Traumata des Krieges und den Einflüssen der Erholungsszenarien sichtbar machen.

Ines Doujak

Die allerschönsten Frauen sind die Frauen der Revolution

Hoffnung ist das Gegenteil von Angst

Ein rollender Kiosk ist das zentrale Vehikel für die Hommage von Ines Doujak an die Landverteidigerinnen der Welt. Sie lädt zu einer Parade an der Hochstraße am Semmering ein. In einem Mix aus Parade, Prozession und Demo werden ihre Namen gepriesen, indem die Künstlerin zu Solidarität und Widerstand aufruft. Das gemeinschaftliche Land zu verteidigen sehen die Frauen – die meisten stammen aus dem globalen Süden– als Teil von etwas, das größer als ihr eigenes Leben ist und finden Verantwortung für eine gemeinsame Zukunft.

Mit wehenden Fahnen, Musik und Kaffee ladet die Künstlerin Sie am Semmering ein, die Landverteidigerinnen aus aller Welt zu feiern. Widerstand zu drängenden Themen rund um Ausbeutung, Landraub und Massenkonsum.

3. Juni 2023, 14.00 - 15.00 Uhr, Treffpunkt: Hotel Panhans, Hochstraße 36

Olha Horiunova

Bindung, 2023, Installation, Jute, ungebrannter Ton

Der einst karge Wald wird von Strukturen bevölkert, die ihm durch menschliche Kraft und Willen eingepflanzt wurden. Olha Horiunovas Werk verweist auf die Verbindung zwischen dem Terrain und den künstlich in die Landschaft eingewachsenen Objekten. Da die verfallenen Gebäude nun mit den Steinfelsen verschmolzen sind, stellt Bindung das Phänomen der Verflechtung in Frage: wie das vom Menschen Geschaffene, das Konstruierte im Gegensatz zum Entstandenen, die Wege der Natur kreuzt und wie die Natur das vom Menschen Geschaffene allmählich in die Wälder des Semmerings aufnimmt und es auf dem Weg wieder zu einem Teil der Landschaft wird.

In dem Maße, wie die Natur das Konstruierte umwandelt, werden die Materialien von der Künstlerin zu einem Werk geformt, das gleichsam als Hinweis auf das Gebäude des Verfalls fungiert, das als erstes vom Wald aus zu sehen ist, während die Installation auf der gegenüberliegenden Seite auf den Pfad verweist, der zum Wald führt, den Moment in der Zeit einfriert und unsere Aufmerksamkeit auf den unvermeidlichen Prozess der Transformation der Natur lenkt.

Toni Schmale

Tanke 24/7

Hinweis: Tanke 24//7 ist ab Juli am Semmering zu sehen und ist eine Fortführung der Skulptur „Tanke 24/7“, die Toni Schmale 2021 in Wien realisierte.

 „Ich wünschte mir Schallschutzmauern und träumte, dass der Sprit einfach ausgeht, alle Autos liegen bleiben und die Tanke mit wilden Wiesenblumen überwachsen wird, meine Freund*innen plötzlich auftauchen und wir ein Feierabendbier trinken.“

„Diesen Text schrieb ich 2021 noch vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Aufgrund der neuen politischen Situation bekommt die Rolle von Gas und Öl, sowie die Möglichkeit von alternativen Energiequellen nochmals eine verschärfte Dimension bezüglich Macht, politischem Einfluss und nationalen wirtschaftlichen Interessen.“ (Toni Schmale)  

Serge Klymko

Solidarity Screenings: Moving Image and War in Ukraine

Das Videoprogramm "Solidarity Screenings" ist eine Sammlung von Werken, die zum Nachdenken anregen und sich mit dem laufenden russisch-ukrainischen Krieg, seinen Auswirkungen und seiner Wahrnehmung befassen. Jedes Video wurde von einem*einer in der Ukraine ansässigen bildenden Künstler*in erstellt, und alle Werke wurden nach dem Beginn der umfassenden russischen Militärinvasion am 24. Februar 2022 aufgenommen.

Das Projekt zielt darauf ab, Beweise, Reflexionen und Gefühle im Zusammenhang mit dem anhaltenden Konflikt in der Ukraine zu bewahren und zu entwickeln. Durch ihre künstlerischen Reflexionen bieten die Videokünstler*innen einzigartige Einblicke in die Auswirkungen des Konflikts auf das Leben der Menschen, die inmitten einer humanitären Krise, erzwungener Migration, Besatzung, Freiwilligen- und Widerstandsbewegungen gefangen sind.

Das Videoprogramm präsentiert eine intime und unverfälschte Darstellung der aktuellen Praktiken der Künstler*innen, mit persönlichen Geschichten und Haltungen. Es zeigt die vielfältigen Auswirkungen des Konflikts auf das tägliche Leben von Einzelpersonen, Familien und Gemeinschaften in der Ukraine. Die Vorführungen fördern das Bewusstsein für die Situation in der Region und bieten ukrainischen Künstler*innen eine Plattform, um ihre Perspektiven und Erfahrungen mit dem Publikum in aller Welt zu teilen und ihre eigenen Interpretationen der komplexen politischen und sozialen Probleme im Herzen Europas anzubieten.

Das Programm von "Solidarity Screenings" zeigt Werke von Anna Kryvenko, Alisa Sizykh, Bohdan Bunchak, Daria Molokoedova, Daryna Snizhko, Maria Matiashova, Vladyslav Plisetskiy, Yarema Malashchuk und Roman Khimei, Eugene Arlov und Diana Derii, Zoya Laktionova. Kuratiert von Serge Klymko.

Bilder (7)

Ines Doujak, Parade, Plakat, Semmering 2023
© Doujak
Olha Horiunova, Bindung, 2023
© Horiunova
Olha Horiunova, Bindung, 2023
© Horiunova
Abdul Sharif Oluwafemi Baruwa, Its On, 2023
© Baruwa
Mark Chehodaiev, Atmen Sie tief durch, 2023
© Mark Chehodaiev
Ines Doujak, Parade (Klagenfurt), 2023
© Ines Doujak
Semmering, Land Besitz und Commons, 2021
© Joanna Pianka

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